Erfassung der Kiebitze im
„Het Broek“
(Natuur- u. Landschaftspark Rodebach/Rode Beek)
2009
von
Theo Reinartz
Nachtigallenweg 8
52511 Geilenkirchen
Telefon: 02451 – 2512
Vorwort
Die Erfassung der Kiebitzbruten im Jahr 2009 im „Het Broek“ (Nähe Segelflugplatz „ELZ“) dient der Überprüfung der Bestandsentwicklung und soll dem Leser gleichzeitig nahe bringen, wie sensibel das Brutgeschäft der dortigen gefährdeten Vogelpopulation sein kann.
Hier steht der Kiebitz stellvertretend für viele Feld- und Wiesenvögel, darunter auch Limikolen, deren Bestand gefährdet ist.
Biologie des Kiebitzes
Um das Brutgeschehen des Kiebitzes und seine Brutbestandserfassung verständlich zu machen, werden im folgenden relevante, brutbiologische Daten und Kriterien der Bestandserfassung gemäß der einschlägigen Literatur dargelegt.
(Quelle: Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschland, DDA 2005)
- brütet in lockeren Kolonien
- Einzelbruten möglich
- 1 – 2 Jahresbruten möglich
- Gelege besteht aus 3 – 4 Eiern
- Brutdauer 26 – 29 Tage
- Junge mit 35 – 40 Tagen flügge
- Männchen und Weibchen brüten und führen
- Nistrevier mit Aufzuchtrevier nicht immer identisch
- Hauptlegezeit der Erstbrut A 4 bis M 4
- Jungvögel ab E 4
- Brutverdacht: zweimalige Feststellung eines Paares im Abstand von mindestens 7 Tagen, davon eine E 3 bis A 5
- Brutnachweis: insbesondere brütende Altvögel; verleitende Altvögel; Junge führende Altvögel. Nach Möglichkeit den Bestand anhand von brütenden Altvögeln ermitteln; bei Zählung der Altvögel Geschlechtertrennung vornehmen.
Kiebitzbruten im „Het Broek“
05.04.2009
Balzflüge der Kiebitze, 8 ad. Tiere gezählt!
10.04.2009
3 Bruten, insgesamt 10 Kiebitze gezählt
- 1 x Gelege links vom Wassergraben, Nähe Weg
- 1 x Gelege rechts vom Wassergraben
- 1 x Gelege rechts vom Wassergraben, weit ins Vengebiet hinein
13.04.2009
4 Bruten gezählt, insgesamt 10 Kiebitze
- 1 x Gelege links vom Wassergraben, Nähe Weg
- 1 x Gelege rechts vom Wassergraben
- 1 x Gelege rechts vom Wassergraben, weit ins Ven hinein
- 1 x Gelege zwischen Binsen und der Eschenbaumreihe
Beobachtung, dass Besucher durch die Kernzone laufen an den Kiebitzgelegen
vorbei, quer durch die Kernzone
26.04.2009
2 Bruten zerstört
Insgesamt nur noch 5 Kiebitze gezählt
Ursache: u.a. frei laufender Hund in der Kernzone
- 1 x Gelege zwischen Binsen und der Eschenbaumreihe zerstört
- 1 x Gelege rechts vom Wassergraben zerstört
03.05.2009
Nur noch 3 Kiebitze gezählt.
Kein Brutverhalten mehr zu beobachten.
09.05.2009
Nur noch 5 ad. Kiebitze, kein Brutnachweis.
Vegetation zur Beobachtung sehr hoch!
13.05.2009
Kontrolle der Kiebitzbruten durch H. Bommer:
Noch 4 ad. Kiebitze: 2 x Männchen, 2 x Weibchen
Weiter Zweifel, ob überhaupt eine Brut Erfolg hatte!
22.05.2009
Insgesamt 3 ad. Kiebitze gezählt, 2 x Männchen, 1 x Weibchen.
2 juv. Kiebitze im südlichen Teil der Kernzone entdeckt.
1 Paar mit Hund nutzt die Kernzone als Liegewiese.
Bei trockenem Wetter verstärkter Besucherverkehr durch die Kernzone.
29.05.2009
Insgesamt nur noch 2 ad. Kiebitze gesehen, nur kurz, aber es besteht der
Verdacht, dass es sich um ein Paar handelt. Ob die Jungtiere noch leben, war
nicht zu ermitteln, da die Vegetation hoch war.
Meldung von Hans Bommer. Im Internet veröffentlichte Meldung von Hans
van de Laar, der noch 4 ad. Kiebitze beobachtet hat!
13.06.2009
Keine Kiebitze mehr zu beobachten!!!
Wieder läuft eine Besuchergruppe quer durch das Kiebitzbrutgebiet!!!!
Problematik der Bestandsschrumpfung mit Folgerungen für das vorliegende Gebiet
Nach der Erfassung der Kiebitzbruten im Jahr 2009 sei mir an dieser Stelle eine persönliche Einschätzung und ein Kommentar erlaubt!
In der einschlägigen Literatur wird überall vom Rückgang der Kiebitzpopulation seit den 70er Jahren sowie von hohen Verlustraten von Gelegen und Jungtieren gesprochen , so dass der Bestand der Kiebitzpopulation inzwischen stark gefährdet ist.
Mit der Intensivierung der Landwirtschaft nimmt der Kiebitz stark ab. Auch das Ausweichen auf den Maisacker hat die Kiebitzpopulation nicht festigen können, da die Jungtiere dort zu wenig Futter finden und oft den Maschinen zum Opfer fallen.
„Zum langfristigen Erhalt einer Population müsste allerdings pro Jahr und brütendem Weibchen etwa ein Jungtier erfolgreich aufgezogen werden (Kooiker u. Buckow 1997). Andere Wissenschaftler gehen von 1,3 Jungtieren aus, um den Bestand zu sichern. Diese Reproduktion wird oft nicht mehr erreicht; die Bestände vergreisen!
Die „Standorttreue“ lässt die Kiebitze immer wieder mit Brutversuchen beginnen, auch wenn der Bruterfolg nur gering oder nicht vorhanden ist.
Aus dem vorgenannten Ermittlungsergebnis (siehe Abschnitt 02) muss gefolgert werden, dass die massiven Störungen zum Verlust aller Bruten im Jahr 2009 geführt haben. Als extreme Störungen sind Besucher zu nennen, die nur knapp am Gelege vorbei quer durch daspot. Brutgebiet gelaufen sind!
Hinzu kommen Besucher, die die Fläche als Liegewiese mit ihrem Hund stundenlang nutzten.
Ein streunender Hund ohne Aufsicht, der durch das gesamte Gebiet gelaufen ist, hat wohl ganz massiv zum Gelegeverlust beigetragen.
Durch die Wegeführung werden die Besucher dazu aufgefordert, das eigentliche Brutgebiet zu durchqueren.
Da die Besucher nicht selten die Orientierung verlieren (mangels ausreichender Beschilderung am Pfad), kommt es dazu, dass Besucher unmittelbar an den Gelegen vorbeilaufen oder sogar die Zerstörung der Gelege droht. Nehmen Störungen dieser Art überhand, so werden die Gelege dann von den Kiebitzen aufgegeben.
2 Pfade stören die Bruten extrem, nämlich der nördlich des Leiffender Hofes verlaufende Pfad sowie der entlang der Eschenbaumreihe (parallel zum Rode Beek) und über den Rodebach führend. (Dem Besucher ist kein Vorwurf zu machen, denn er verlässt sich auf die Wegführung.)
Ich frage mich, welcher Nachteil darin bestehen soll, dass der Besucher den Natuur- und Landschaftspark von den bestehenden, ausgebauten Wegen aus erleben kann?
Wenn dann noch einige weitere Beobachtungspunkte wie dieser Posten am Flugfeld erstellt würden, die den Besucher einladen, ins Gebiet zu schauen, dann wäre ein großartiger Kompromiss für den Tourismus und den Naturschutz gefunden.
Wer über ausreichende Sachkenntnis im Naturschutz und in der Ornithologie verfügt, dem dürfte klar sein, dass die Kiebitze imNatuur- und Landschaftspark R./R. eine „ruhige Kernzone“ benötigen. Für den Besucher des Gebietes dürfte es in der Regel akzeptabel sein, dass er durch eine intelligente Wegführung um die „Kernzone“ herum geführt wird. Weitere Beobachtungspunkte (wie am Flugfeld), die dazu einladen, ins Gebiet zu sehen, sind besonders attraktiv.
Wenn den Entscheidungsträgern der Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt im Gebiet ein Anliegen ist, dann sollten diese beiden Pfade bald geschlossen werden. Für den Besucher ist das kein Verlust, für die Vogelwelt ist der Verlust erheblich.
Zumindest sollten die Pfade aber für die Zeit vom 01.03. bis zum 31.07 eines jeden Jahres für die Besucher gesperrt werden! Eine Hinweistafel kann den Besucher aufklären. Dass wäre ein Beitrag zum Naturschutz, der auch das Gebiet für Besucher interessant macht.
Mit der Darstellung des Kiebitzes auf der nebenstehenden Informationstafel wird zu Recht der Eindruck erweckt, dass er zu den Charakterarten gehört. Es wäre blamabel, wenn der Kiebitz zukünftig nur noch auf der Tafel zuhause wäre!
Erfolgreiche Bruten von Kiebitz und anderen Wiesen- bzw. Feuchtgebietsvögeln gehören zum „Aushängeschild“ eines Bruchgebietes wie kein anderer Umstand.
Durch eine kleine Veränderung kann für die Natur und unsere Vögel viel bewegt werden.
Theo Reinartz
Untersuchung von 2008
Im Dezember 2008 wurde eine Untersuchung im Auftrag der Gemeinden Onderbanken und Gangelt und der Vereiniging Natuurmonumenten erstellt (unter dem Titel “ Evaluation der Naturentwicklung im Naturpark Rodebach / Roode Beek 2004 – 2008″ – erstellt von Kurstjens Ecologisch adviesbureau und NABU Naturschutzstation Haus Wildenrath e.V.
Die Schlussfolgerungen, die dort auf Seite 17 gezogen werden, sind nach meiner Einschätzung nur bedingt richtig!
Richtig ist, dass viele Offenlandarten der Vögel von der Naturentwicklung profitiert haben. Richtig ist, dass freilaufende Hunde ein Problem im trockeneren Teil des Leiffender Ven sind.
Falsch ist jedoch, dass es angeblich keine Anzeichen für nachhaltige Störungen der Brutvögel durch Menschen gibt. Falsch ist auch, dass durch die natürliche Zonierung selten Menschen in die feuchten Bachtäler und Brutgebiete kommen.
Ich möchte auch noch auf die zunehmende Verbuschung hinweisen, die in den kommenden Jahren für die Offenlandarten der Vögel zum Problem wird. Hier ist ebenfalls dringender Handlungsbedarf angesagt!
Die Erfassung der Kiebitze im Jahr 2009 hat die nachhaltigen Störungen durch Erholungssuchende und Hunde und die angesprochene Wegführung deutlich vor Augen geführt.
Die Entwicklung in der Zukunft zu verfolgen und die Belange von Naturschutz und Erholung sorgfältig abzuwägen, möchte ich hier mit Nachdruck fordern.
Dass eine befriedigende Lösung für Mensch und Natur möglich ist, habe ich aufgezeigt. Für die Kiebitze, den erholungssuchenden Menschen und das Gebiet wäre dies ein großer Gewinn.
Nachwort
Verbunden ist diese Dokumentation mit der Hoffnung, dass die Störungen durch das menschliche Einwirken eingestellt werden, um dem Kiebitz in unserer Heimat auch eine „Heimat“ für seine Fortpflanzung zu geben.
Vielleicht könnte durch eine ungestörte Brutmöglichkeit der Kiebitz zur „Leitart“ des Parks werden. Es wäre schön, wenn der Kiebitz nicht nur auf Schildern anwesend wäre.
Für Anregungen, Verbesserungen, Kritik und Fragen bin ich immer offen. Diesbezüglich bitte ich darum, den Kontakt mit mir zu suchen.
Besonderer Dank gilt Herrn Hans Georg Bommer aus Übach–Palenberg. Durch seinen Sachverstand und Erfahrungsschatz war er mir eine wertvolle Unterstützung.
Die Erfassung der Kiebitze im genannten Gebiet erfolgte auf freiwilliger und ehrenamtlicher Basis.
Geilenkirchen, den 20.08.2009
Theo Reinartz
Foto – Dokumentation
Het Broek 2009 Kiebitzbrutgebiet!
Problematischer Weg durch die Kernzone an der Eschenbaumreihe vorbei über den Rodebach.
Problematischer Weg durch die Kernzone an der Eschenbaumreihe vorbei über den Rodebach.
Was macht Kiebitze glücklich? Ein ungestörtes und sicheres Brüten!!!!